Portrait, Künstler, Hermann Groeneveld, Dr. Ralph Oehlmann, Oehlmann-Photography
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Hermann Groeneveld

Argeter Weg 6b

D-82054 Sauerlach / Altkirchen

 

+49.172.8192747

photography@groeneveld-net.com

Ausstellung "Fünf Sichtweisen"

Lost Village...

… wurde für mich zu einer Reise in meine fotografische Vergangenheit, die mich emotional sehr berührt hat. Seit mehr als 30 Jahren schlummern die Aufnahmen von einem verlassenen Dorf bei Hambach in NRW in meinem Archiv  – Bilder von einem Ort, der schon lange nicht mehr existiert. Wo die schweren Bagger der Rheinbraun alles, was noch an ein aktives Dorfleben hätte erinnern können, längst platt gemacht und die Braunkohle dort im Tagebau abgetragen haben.

 

 

Die Geschichte hinter den Bildern

 

Auf dem Fahrrad, den Kamera-Rucksack auf dem Rücken, radle ich die schnurgerade, staubige, eigentlich für den Durchgangsverkehr gesperrte Dorfstraße entlang – hier ist schon lange kein Fahrzeug mehr gefahren. Bis-weilen müssen in der belebten Vergangenheit Autoraser den Dorffrieden gestört haben – ein Überholverbotsschild an prominenter Stelle lässt dies vermuten. Immerhin darf ich Traktoren überholen, nehme ich beruhigt zur Kenntnis. Links und rechts verlassene Häuser, verrammelte Türen und Fenster – keine Menschenseele zu sehen. Auf einer zerbröckelten Hauswand sind noch ein paar Buchstaben zu erkennen: Auto-Rast steht da und Werbung für CocaCola. Und bald der erlösende Hinweis auf die ARAL-Tankstelle, an der man eben Rast machen und sich an dem köstlichen Getränk seine tägliche Zuckerdosis einverleiben könnte. Wenn der Tankwart nicht schon weg wäre.

 

Gras wächst durch Risse im betonierten Boden des verlassenen Kundenpark- und Rastplatzes. Gerade versucht sich die Natur zurückzuholen, was der Mensch ihr einst nahm. Ein verlassenes Auto steht noch dort, vergessen oder entsorgt? Jedenfalls eindeutig vor die Wand gefahren.

 

Die Werkstatttür der Tankstelle ist verschlossen. Vielleicht dachte ein Besucher vor mir, es gäbe hier doch noch was zu holen und hat die Scheibe der Tür gewaltsam eingeschlagen.

 

Vorsichtig tappe ich durch die Glassplitter am Boden, zwänge mich durch die wie Dolche aus dem Rahmen herausstehenden Scherbenreste ins Innere – schau nochmal um – keiner hat mich beobachtet – mir ist etwas mulmig. Doch gleich wieder beruhigt: Mitten in der ansonsten leeren Halle steht ein Kundenstopper, der mich ermutigt, es ist ja offen. Sollte mich ein Ordnungshüter erspähen und tadeln wollen, ich werde darauf verweisen.

 

Es riecht nach Öl und ein bisschen vermodert. Werbeplakate an der Wand wollen mich komplett überraschen – mit einer Probefahrt im neuen Fiesta. Die nächst höhere Klasse, einer der schönsten Renn- und Sportwägen der Welt hätte eine ehrenwertere Präsentation verdient, als in einer aus Wasser und Öl vermischten Drecklache zu verenden. Immerhin die Lichter der Deckenfenster der Halle reflektieren auf dem nassen Hallenboden, um dem einst begehrten Gefährt zu aller letztem Glanz verhelfen, bevor es komplett aufgeweicht ist.

 

Nach dem letzten Ölwechsel in dieser Werkstatt hat der Mechaniker noch ein letztes Mal seine öligen Hände in saugfähigem Papier von einer Endlosrolle abgewischt, das Papier zerknüllt und achtlos auf den Boden geworfen, denke ich mir. Warum ordentlich entsorgen – hier ist ja sowieso Schluss, wird er sich gedacht haben. Ohne zu ahnen, was er für mein fotografisches Auge damit geschaffen hatte.

 

Nichts wirklich für das Fotografenauge Interessantes an Werkzeugen oder Einrichtungsgegenständen hatte der Tankwart zurückgelassen, bedaure ich zunächst etwas resigniert. Doch die wenigen noch verbliebenen Zeugen geschäftigen Treibens vergangener Tage regen meine Phantasie umso mehr an. Sie lassen mich kleine Ge-schichten ausdenken, die ich mit der Kamera versuche einzufangen und weiter zu erzählen.